Europa aus der Vogelperspektive

Wenn Vögel fliegen, sind nationale Grenzen belanglos: Vor ziemlich genau 40 Jahren, am 2. April 1979, trat die europäische Vogelschutz-Richtlinie in Kraft. Sie gilt als Vorreiter für das europäische Schutzgebietsnetzwerk Natura 2000 und exzellentes Beispiel für die internationale Zusammenarbeit beim Naturschutz. Wir besuchten die Feierlichkeiten unseres Projektpartners in Nürnberg.

von Katharina Raab

12. April 2019

Was haben Schwarzstorch, Seeadler und Wiesenweihe gemeinsam? Sie alle profitieren von der europäischen Vogelschutz-Richtlinie. Seit die Schutzverordnung vor 40 Jahren in Kraft trat, hat sich viel getan, um den Lebensraum und Erhaltungszustand der Arten in Deutschland und Europa nachhaltig zu verbessern. Ein besonderer Grund zu feiern, wie der Festakt im Eppeleinsaal auf der Nürnberger Burg mit zahlreichen Gästen aus Politik, Land- und Forstwirtschaft und Interessenverbänden zeigte.

Und was haben Schwarzstorch, Vogelschutz und Eppeleinsaal mit uns zu tun? Organisiert wurde der runde Geburtstag von der Bayerischen Akademie für Naturschutz und Landschaftspflege, unserem Partner im Projekt LIFE living Natura 2000, einem EU-geförderten Kommunikationsprojekt für das europäische Schutzgebietsnetzwerk Natura 2000. Dessen Grundlage bilden die Vogelschutz-Richtlinie und die etwas jüngere Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie (FFH). Ziel des Projekts ist es, die Bekanntheit von und Akzeptanz für Natura 2000 in Bayern in vier Projektjahren nachhaltig zu fördern. Wir stehen dem Projektteam in der Kommunikation zur Seite.

Die europäische Idee zeigte sich an diesem Morgen im Eppeleinsaal in vielen Vorträgen und Diskussionsbeiträgen. Alexander Just von der Generaldirektion Umwelt bei der Europäischen Kommission in Brüssel sprach sogar statt eines Geburtstags von einer Hochzeit, die vor 40 Jahren länderübergreifende Interessen miteinander verheiratete. Fernab von politischen Diskussionen, Brexit-Dramen und Währungsfragen wurde hier deutlich: Egal wo der Mensch seine Grenzen zieht, die Natur bändigt er damit nicht. Naturschutz funktioniert nicht im Alleingang. Weder für den Einzelnen, noch für ein Land. Besonders die Zugvögel halten sich nicht an Ländergrenzen oder gesetzliche Bestimmungen. Und das ist gut so, denn es zwingt zur Kooperation.

Diese sah man im Saal für Bayern durchaus positiv. Da lobte der Landesbund für Vogelschutz in Bayern auch einmal die gemeinsamen Anstrengungen mit den Bayerischen Staatsforsten, und Ministerialdirektor Dr. Rüdiger Detsch aus dem Bayerischen Staatsministerium für Umwelt- und Verbraucherschutz berichtete von seinen Erfahrungen als junger Förster. Doch, und auch das wurde beim Festakt nicht verschwiegen, es braucht noch mehr länder- und generationenübergreifende Maßnahmen.

Ein gutes Beispiel, wie Naturschutz über Generationen gelingen kann, bietet die Gemeinde Ergersheim im Nordwesten Bayerns, die im Rahmen des Festakts ausgezeichnet wurde. Seit über 300 Jahren macht die kleine Gemeinde mit etwa 1.000 Einwohnern nicht nur im Vogelschutz so einiges richtig: Die Gemeinde und eine sogenannte Rechtlergemeinschaft berufen sich auf eine eigene Waldordnung und betreiben seit 1747 die historische Mittelwaldbewirtschaftung. 320 Hektar Wald werden über je 30 Jahre im Umlauf zur Entnahme von Brennholz bewirtschaftet, Grundwasser bleibt im Waldboden und Grundstücke am Waldrand werden mit Rücksicht bearbeitet. Die Botschaft von Bürgermeister Springmann: Ein sorgsamer und nachhaltiger Umgang mit der Natur ist keine Frage der neuesten Technologien oder von Verzicht auf Ressourcen, Naturschutz kann und soll auch die Bedürfnisse des Menschen ernst nehmen.

Eine Exkursion in den nahe gelegenen Nürnberger Reichswald machte Vogelschutzmaßnahmen dann direkt erlebbar: Dieser wurde 1368 als ältester Kunstforst der Welt angelegt und ist heute mit einer Gesamtfläche von 400 Quadratkilometern Bayerns größtes Vogelschutzgebiet vor Spessart und Bayerischem Wald. Wir lernen: Exzellenz im Vogelschutz ist nur einen Flügelschlag von uns entfernt.

Weitere Storys