Wir haben uns schneller an die Begriffe Lock- und Shutdown gewöhnt als wir sie verstanden haben.
Jetzt also die Winter-Welle. Die sogenannte zweite. Für ein paar Wochen durften wir uns von der ersten erholen, viele sogar am Strand. Kaum war der Sand aus dem Handtuch geschüttelt, schnellten die Kurven wieder in die Höhe. Früher als erwartet. Viel zuverlässiger als gehofft.
Für mich ist es das Jahr des Walds. Immer schon Sehnsuchtsort vieler Menschen – meiner sowieso – ist er mir und meinen Lieben einmal mehr ein sicherer Ort. Durchatmen ohne Angst und ohne Maske. Vom ersten zarten Grün im März zur flirrenden Luft im Hochsommer. Das Geplärr des Tages verliert hier seine Bedeutung.
Ein heißer Tag im August war dann auch der Moment, den wir für unser improvisiertes Sommerfest genutzt haben. Wir im Wald. Mit einer Naturerklärerin. Und nein, es war nicht langweilig. Es waren entschleunigte Stunden im Tann. Ohne Corona wären wir da vermutlich nie drauf gekommen.
Und in diesen Tagen ein buntes Meer aus Gelb und Rot und das Geprassel der Eicheln, die es reichlich gibt dieses Jahr. Früher sagten sie, das sei ein Zeichen für einen harten Winter. Ist es wohl auch. Aber nicht so wie es mal gedacht war.
Ich bleibe einfach mal im Bild. Es geht ja um Birke und Partner. Am Anfang der Pandemie war nicht klar, ob wir den Wald vor lauter Bäumen noch sehen. Vielen in der Branche ging es so. Viele schraubten einen Turbo an die oft nur halbherzig vorangetriebene Transformation. Es blieb aber vor allem bei Ankündigungen und vor allem Anwendungen. Wer in unserem Metier nicht wenigstens fünf Videokonferenzen in der Woche hat, der soll das bitte so lange er kann genießen!
Auch wir hatten lange Freiluftmeetings, ob und wie sich ab jetzt unsere Wertschöpfung aus digitalen Produkten und Leistungen speisen wird. Und wir haben schnell festgestellt, dass unsere Mission nicht Formate und kurzatmige Kanäle umfasst, sondern das nachhaltig wirksame Narrativ. Geht ins Ohr, bleibt im Kopf, wirbt das Radio. Unser Credo: Geht in den Bauch, man nimmt es sich zu Herzen, bleibt im Kopf. Und dafür wurden und werden wir gebraucht. Kommunikation, gute zumal, kennt keinen Shutdown. Und schlechte könnte man in einer solchen Zeit auch getrost mal in den Transformationsschredder geben. Eine gute Brandstory zeichnet sich ganz sicher nicht durch ihren Aggregatszustand aus. Digital ist dabei schon okay und wird logischerweise immer wichtiger. Aber, und das haben wohl viele festgestellt, die Flucht in Digitale führt ohne eine klare Strategie und die eine zündende Idee ins Nichts. Wer keine Botschaft hat, wird in den Echoräumen von Social Media weder Widerhall noch Widerworte finden. Und beides ist entscheidend für die Relevanz von Kommunikation. Und damit für den Erfolg unserer Arbeit für unsere Kundinnen und Kunden.
Es ist für Agenturen aus wirtschaftlicher Sicht ein erträgliches Jahr. Zwischenzeitlich meldeten die Branchendienste gar ein „fast normales“. Das wird sich nun auf der Zielgeraden wohl noch einmal etwas anders darstellen. Doch verglichen mit anderen Branchen mussten wir uns nicht wegducken. Mit allen notwendigen Maßnahmen, dem Antizipieren von Unwägbarkeiten und auch dem Verlust von Etats oder Teilen davon.
Bei allem Abstand halten sind wir uns mit vielen Kunden noch nähergekommen. Das Virus schuf Schicksalsgemeinschaften. Plötzlich saßen wirklich alle in einem Boot und spürten und wollten das auch. Wie schön, dass da mancher Business-Sprech ausfiel. Es ist auch eine Zeit der klaren Worte. Wer jetzt etwas beschönigt, wird schnell entlarvt.
Und auch die Birken sind immer näher zusammengerückt, je weiter ihre Homeoffices verstreut lagen (und wieder liegen). Zwar ist die persönliche Begegnung unverzichtbar. Aber wer hätte gedacht, dass ein in Sekundenschnelle geklicktes Herzsymbol an einem Eintrag auf der gemeinsamen Arbeitsplattform so gut wirkt? Wann haben wir im Direktmodus auf unser Gegenüber jemals so schnell und so zugewandt reagiert? Es gibt sie wohl doch, die sozialen Medien.
Schön auch die Erfolge dieses Jahres. Es sind außergewöhnliche Projekte entstanden, für die wir hart gearbeitet haben. Und wir spüren den Erfolg deutlicher als im Luxusmodus „normal“. Dankbarkeit mischt sich zu Erleichterung und Stolz. Immer noch Zwischenzeit und wohl doch ein bedeutsames Stück unserer Zeit.
Ich empfehle: Genau hinschauen. Denn an vielen Pflanzen sind längst die Knospen für das nächste Frühjahr zu erkennen. Es geht jetzt wohl um Durchhalten, Innehalten und Aushalten. Lieber eine verschworene Gemeinschaft sein als eine sich verstörend verschwörende Clique. Natürlich werden gerade Entscheidungen getroffen mit mehr gefühlter als gegebener gesellschaftlicher Akzeptanz, auf dünnem parlamentarischem Eis zumal. Darüber wird zu reden sein. Zum Zerreden der Bedeutung des Zusammenhalts darf es aber jetzt nicht führen. Am besten sollten wir mit dem Aufarbeiten bei einem Waldspaziergang beginnen, wenn in der Tasche der Zettel knistert, auf dem der Impftermin notiert ist.